Allgemeiner Deutscher Fahrrad-Club Kreisverband Duisburg e. V.

Vor der Kommunalwahl: Stand der Umsetzung unseres Positionspapiers

Viele Fragen offen & viel zu tun

Anfang 2021 verabschiedete der ADFC Duisburg das Positionspapier „Offensive für den Radverkehr in Duisburg“. Der umfassende Forderungs- und Maßnahmenkatalog wurde an die im Stadtrat vertretenen Parteien verschickt. Nun, am Ende der Legislaturperiode, ist es Zeit für eine Bilanz.

Das Offensichtlichste vorab: Eine Offensive hat es nicht gegeben. Das zeigt sich auf der Straße und in den Ergebnissen des Fahrradklima-Tests. Um die Situation des Radverkehrs in Duisburg adäquat zu bewerten, fehlt es darüber hinaus häufig an öffentlich zugänglichen Informationen. Wir brauchen mehr Transparenz, um öffentlich und politisch über die beste Radpolitik für Duisburg streiten zu können.

Neue und sanierte Radwege

Der ADFC forderte wenig überraschend mehr Raum und klar abgetrennte Wege für den Radverkehr, konkret: 50 km neue, hochwertige Radrouten pro Jahr. Einsehbare Informationen darüber, wie viele Kilometer Radweg tatsächlich neu entstanden sind, gibt es jedoch nicht. Geht es um das Deckensanierungsprogramm der WBD, wurden laut Stadt im Jahr 2023 knapp 6,8 Kilometer Radweg saniert. Doch Obacht: Eine Oberflächensanierung ist dabei nicht immer eine zufriedenstellende Verbesserung, sondern kann auch den Status Quo eines viel zu engen Radweges für Jahrzehnte sprichwörtlich zementieren. Für eine faire Bewertung bräuchte es also Antworten auf Fragen wie: Wie viele Kilometer Radweg werden pro Jahr neu gebaut? Wie viele Kilometer instandgesetzt? Und insbesondere: Nach welchen Qualitätskriterien ist dies erfolgt?

Der Ausbau und die Instandsetzung von Radwegen bleiben Stückwerk. Einige Baumaßnahmen der letzten Jahre wurden von unseren Mitgliedern, salopp in die Runde geworfen, so bewertet: „Kardinal-Galen-Straße - besser als erwartet.“, „Neue Fruchtstraße - ganz gut“, „Ministück Kalkweg in eine Richtung - gut“. Dann gar: „Karl-Lehr-Brücke - sehr gut“. Wer viel mit dem Rad unterwegs ist, merkt, dass manche Routen immer flüssiger und komfortabler zu befahren sind. Doch selbst sehr gute Baumaßnahmen werden oft von unzureichenden Anschlussstellen getrübt. Mit aller Deutlichkeit kritisierte der ADFC Duisburg zuletzt die Pläne für den Umbau des Kaßlerfelder Kreisverkehrs in eine Kreuzung. Um den Radverkehr nicht mittels dreier Ampeln auszubremsen, brachte Dezernent Linne daraufhin eine KI-betriebene Ampelschaltung ins Spiel. Diesem Vorschlag darf wohl mit gesunder Skepsis begegnet werden, auch weil die bisher einzige KI-Ampel in Hamm bislang, gelinde gesagt, noch in der Pilotphase steckt.

Radnetz

Als Gegenmaßnahme zum Stückwerk forderte der ADFC ein verbindliches Radverkehrskonzept. Im Jahr 2020 wurde die Verwaltung vom Rat beauftragt, ein Mobilitätskonzept für Duisburg zu erarbeiten. Das Konzept, ursprünglich für das Jahr 2022 geplant, lag im Jahr 2024 als Bericht der Gutachterfirma vor, aus dem die Verwaltung nun ein Handlungskonzept ableiten soll. Man darf gespannt sein: Wird es, wie vom Rat beschlossen, im September 2025 einen ersten Zwischenbericht geben? Und was wird dort zu lesen sein?

In dem Gutachterbericht wird ein erstes Fahrradnetz skizziert, das es nun zu überarbeiten und finalisieren gilt. So sehr die Duisburger Fahrradwelt ein Radverkehrskonzept erwartet, lässt der Planungsstand nicht nur frohlocken, führen doch die Hauptrouten des Netzes beinahe ausnahmslos an viel befahrenen Hauptstraßen entlang. Es bleibt zu hoffen – und vonseiten der politischen Akteur:innen dringend darauf hinzuwirken, dass das nun in Überarbeitung befindliche Netz dem Radverkehr doch noch eigene Vorrangrouten auf verkehrsberuhigten Routen zugestehen wird.

Fahrradstraßen

Freie Fahrt auf Fahrradstraßen forderten wir, doch bleiben solche weiterhin ein Duisburger Testballon. In den letzten fünf Jahren wurden zwei solcher Routen mit einer Gesamtlänge von 1440 Metern und Kosten in Höhe von 700 000 Euro in Ruhrort und Baerl eröffnet. Der Autoverkehr bleibt auch auf diesen Wegen präsent – und nutzt die Route in Baerl gerne zum Rasen. Die Fahrradstraße in Baerl ist aus Sicht des ADFC nicht der Rede wert, die in Ruhrort fügt sich gut ins Radnetz, auch wenn die Notwendigkeit dieser Art der Verkehrsberuhigung für den Standort durchaus diskutiert werden kann. Die Opposition im Rat brachte über die Jahre weitere Fahrradstraßen in die Diskussion ein, die jedoch von der politischen Mehrheit unisono abgelehnt wurden. Weitere potenzielle Fahrradstraßen sind wohl „in Prüfung“, doch um welche es sich handelt, konnte der ADFC trotz mehrfacher Nachfrage nicht herausfinden.

Welche Fahrradstraßen sind mit welcher Priorität in Prüfung? Auf welchen für den Fahrradpendelverkehr zentralen Routen werden verkehrsberuhigende Maßnahmen wie Fahrradstraßen ergriffen? Sollen nun alle Duisburger Fahrradstraßen derart zeit- und kostenintensiv umgesetzt werden? Eine öffentliche Debatte ist dringend notwendig.

RS1

Auch der Radschnellweg RS1 ist in den letzten Jahren nicht weiter gediehen, obwohl im Jahr 2024 das dreizehnjährige Planungsjubiläum „gefeiert“ wurde. Noch schlimmer: Wesentliche Teile des RS1 werden nicht vor dem Jahr 2040 fertiggestellt werden. Zu hoffen bleibt, dass der geplante kommunale Radweg zwischen Grunewald und Rheinpark bis zur IGA im Jahr 2027 fertig sein wird.

Haushaltsmittel und Personaldecke

Um den Investitionsstau bei der Fahrradinfrastruktur abzubauen, forderte der ADFC ein Budget von zunächst 10 Euro pro Einwohner:in und Jahr mit einer Steigerung auf 30 Euro. Die Stadt hat im Fahrradklima-Test angegeben, gerade einmal 4 € Budget pro Duisburger:in für den Radverkehr einzusetzen. Sie verweist damit auf einen exklusiv dem Radverkehr zugeordneten Haushaltstitel, wobei sicher noch ein paar Euro mehr z.B. aus Fördermitteln in den Radverkehr fließen werden. Nur: Die Mühe, die Ausgaben transparent aufzudröseln, wie andere Kommunen es durchaus tun, macht sich in Duisburg leider niemand. Es ist eine Aufgabe der kommenden Stadtführung, diese Ausgaben endlich transparent zu machen, um eine öffentliche Diskussion über die zu tätigenden Ausgaben zu ermöglichen.

Laut Medienberichten ruft Duisburg zudem kaum Fördermittel für den Radwegeausbau ab. Dies könnte mutmaßlich der niedrigen Personaldecke im Bereich Radverkehr geschuldet sein. Gerade mal drei Mitarbeitende befassen sich dezidiert mit dem Rad (Netzplanung, konkrete Verkehrsplanung, Radbeauftragter) – DEUTLICH ZU WENIG! Es ist so einfach wie offenkundig. Das Personal gehört aufgestockt oder notfalls umstrukturiert. Große Veränderungen brauchen ausreichend Kapazitäten und das Personal, den klaren Auftrag für die Verkehrswende. Dies bedeutet auch, die Funktion des bald scheidenden Radbeauftragten im städtischen Organigramm höher und zentraler aufzuhängen; ein wahrnehmbares Gesicht und ein:e Möglich-Macher:in.

Beseitigung von Mängeln und Gefahrenstellen

Durchwachsene Ergebnisse weist auch die ADFC-Forderung nach „entschiedenen Sofortmaßnahmen zur Beseitigung von Mängeln und Gefahrenstellen für Radfahrende“ auf. Einige Gefahrenstellen wurden behoben (besonders populär: Die Markierung auf der Heerstraße); die WBD sind inzwischen dafür bekannt, größere Löcher im Asphalt recht schnell zu flicken. Bei der ADFC-Umfrage der „Gröbsten Mängel in Duisburg“ wurden allerdings allein 150 Problemstellen von ADFC-Mitgliedern gemelde. Auch eine für verschiedene Verkehrsmittel gleichberechtigte Baustellensicherung und -führung ist aus Sicht des ADFC Mängelmelder-Teams noch nicht erzielt. Falschparken auf Radinfrastruktur und zu geringe Überholabstände bleiben leider beides präsente Themen in der Fahrradcommunity. Die Ergebnisse des Fahrradklima-Tests, also die Wahrnehmung der Duisburger:innen, sind in den betreffenden Kategorien vernichtend.

Fazit

Es bleibt viel zu tun in Duisburg, um die Fahrradinfrastruktur und die Verkehrswende nach vorne zu bringen. Allen in unserer Stadt ist dabei klar, welche Aufholarbeiten in ganz vielen Bereichen der städtischen Daseinsvorsorge zu bewältigen sind. Daher ist es um so wichtiger, offen und nachvollziehbar über Handlungsfelder und Prioritäten auf Grundlage von einsehbaren Informationen sprechen zu können.

Unser Positionspapier aus dem Jahr 2021 hat noch heute in Gänze an Aktualität nicht verloren. Unsere Forderungen bleiben bestehen. Sie sollten gar ergänzt werden um Dinge, die andere Städte bereits umgesetzt haben (z.B. Superblocks oder Grünpfeile).

Für eine Offensive für den Radverkehr brauchen wir dringend Visionen, Menschen in Politik und Verwaltung, die sie vertreten, und transparente Kommunikation über Status Quo und Planungsstände. Wer kann liefern?

Positionspapier des ADFC Duisburg


https://duisburg.adfc.de/neuigkeit/vor-der-kommunalwahl-stand-der-umsetzung-unseres-positionspapiers

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