Keine Kapazitäten zur Prüfung von Grünpfeilen für den Radverkehr
Kurios: Für einen Prüfantrag der Bezirksverwaltung Mitte gibt es in der Verwaltung keine Kapazitäten. Ein Interview mit Dr. Gabriele Siegert (Erste stellvertretende Bürgermeisterin im Bezirk Mitte)
Das nachfolgende Interview haben wir für unsere FahrRadio Sendung am 9.4.25 um 20:04 Uhr bei Radio Duisburg geführt. Alle Wortbeiträge unserer Sendungen lassen sich auch im Nachhinein bei uns auf fahrradio.adfc-duisburg.de abrufen.
ADFC: Wir haben eine kuriose Geschichte mitbekommen über einen Prüfantrag in der Bezirksvertretung Mitte zum Thema Grünpfeile für den Radverkehr, und haben dazu heute eingeladen Gabriele Siegert, erste stellvertretende Bürgermeisterin im Bezirk Mitte und Mitglied in der Bezirksvertretung Mitte. Gabi, ihr habt diesen Prüfantrag vor zwei Jahren im Herbst gestellt. Worum geht es in dem Antrag?
Gabriele Siegert: Wir haben einen Antrag gestellt für die Anordnung von Grünpfeilen an Ampeln für den Radverkehr. Das ist so ein spezielles Verkehrsschild. Das würde dann erlauben, dass an der Ampel Radfahrer und Radfahrerinnen nach rechts abbiegen können, auch wenn es gerade rot ist. Deswegen eben der Grünpfeil nach rechts. Es gibt da verschiedene Bedingungen dafür, dass man das machen kann, also darf man nicht an jeder Ampel machen. Es soll ja die Sicherheit des Radverkehrs dadurch verbessert und nicht beeinträchtigt werden. Und das können wir nicht so gut entscheiden, an welcher Stelle das geeignet ist. Da hätten wir lieber, dass die Verwaltung, die Fachleute das machen. Wir möchten gerne, dass alle Ampeln im Bereich Duissern und Neudorf daraufhin überprüft werden. Denn die Stadt hat schon vor Jahren, ich glaube 2017 oder 2018, ein Klimaschutzkonzept verabschiedet, und darin beschlossen, dass gerade diese beiden Stadtteile Duissern und Neudorf zum sogenannten Velo-Village gemacht werden sollen, also besonders schön und gut geeignet für den Radverkehr. Und wir haben gedacht, so ein Grünpfeil, der uns Radfahrer:innen dann erlaubt, nach rechts abzubiegen, wenn keine Fußgänger dadurch behindert werden, aber die Ampel, die man gerade für uns rot zeigt, wäre doch eine schöne Sache.
ADFC: Auf jeden Fall. Ich kenne diese Schilder aus anderen Städten und finde das eine ganz tolle Sache. Und habe mich eigentlich immer schon gewundert, dass wir das in Duisburg überhaupt nicht haben. Jetzt habt ihr also einen Eintrag eingebracht im Oktober 2022 und der ist auch einstimmig mit ein paar Enthaltungen angenommen worden.
Gabriele Siegert: Der ist angenommen worden mit einer sehr großen Mehrheit. Also wir hatten keine einzige Gegenstimme. Ja, 2022. Das ist nun heute schon eine ganze Zeit lang her. Wir haben jetzt schon zweieinhalb Jahre später.
ADFC: Und was ist jetzt passiert?
Gabriele Siegert: Und in der letzten Bezirksvertretungssitzung wurden wir ernsthaft von der Verwaltung gefragt, ob wir diesen Antrag nicht lieber zurückziehen wollen.
ADFC: Warum?
Gabriele Siegert: Die Verwaltung hätte zu viel andere Arbeit. Und interessanterweise haben sie noch berichtet, dass ich glaube 1994 oder so, so ungefähr, der Rat mal entschieden hat, dass er keine Grünpfeile für den Autoverkehr benutzen möchte in Duisburg. Und deswegen dachten sie, okay, dann brauchen wir das für den Radverkehr auch nicht und machen uns lieber die Arbeit nicht. Was mich noch zusätzlich geärgert hat, ist in dieser Antwort wurde gesagt, ja, es ist ja viel zu viel Arbeit, das für den gesamten Stadtbezirk zu machen.
ADFC: Dabei wolltet ihr es nur für…
Gabriele Siegert: Wir wollten nur Düssern und Neudorf. Das steht in der ersten Zeile des Antrags. Man fragt sich dann schon, mit welcher Genauigkeit der Antrag gelesen wurde, wenn man solche komischen Fragen gestellt bekommt.
ADFC: Passiert sowas häufiger?
Gabriele Siegert: Also für mich war es jetzt das erste Mal und ich bin jetzt seit knapp fünf Jahren in der Bezirksvertretung. Und ich habe sowas auch nicht aus den anderen Gremien mitbekommen, die es in der Stadt gibt.
ADFC: Ungewöhnlich und schade noch obendrein, weil ich wirklich finde, dass dieses Rechtsabbiegerzeichen den Radverkehr in Duisburg sehr einfach attraktiver machen könnte, weil man bestimmte Streckenführungen so beschleunigt, überflüssige Rotschaltung von Ampeln vermeidet und das Ganze nicht mehr kostet als ein einziges Verkehrsschild an der Stelle.
Gabriele Siegert: Genau, es wäre eine sehr preisgünstige Art und Weise, den Radverkehr zu fördern. Und dass das Geld fehlt in Duisburg, das wissen wir ja, das ist ja nichts Neues.
Die Ampelschaltungen sind häufig nicht an den Radverkehr angepasst, sondern die richten sich nach den Autos und den LKWs. Und da ist das für Radfahrer ja schon ärgerlich, wie oft man dann es nicht mehr schafft, in der grünen Welle mitzuschwimmen. Und wenn man dann wenigstens noch nach rechts abbiegen kann, ohne zu warten, wäre ja schon schick.
ADFC: Was macht ihr jetzt?
Gabriele Siegert: Also erstmal haben wir abgelehnt, den Antrag zurückzuziehen. Das sehen wir gar nicht ein. Wir haben nochmal betont, dass es ja uns um Duissern und Neudorf geht und erstmal gar nicht um das ganze Stadtgebiet. Ich denke auch, man kann das ruhig erstmal ausprobieren in einem kleineren Bereich. Ja, und wir erwarten, dass die Verwaltung ihre Arbeit so macht, wie sie dazu verpflichtet ist. Wir werden auch weiterhin dann nachfragen. Viel mehr können wir an der Stelle nicht tun. Allerdings steht ja die Kommunalwahl an. Im September dieses Jahres dürfen wir alle darüber entscheiden, wer der neue Chef oder die neue Chefin der Stadtverwaltung wird. Ja, und ich weiß dann, wo ich mein Kreuzchen mache. Jedenfalls nicht beim jetzigen Oberbürgermeister.
ADFC: Und wunderst du dich über das Verhalten der Stadtverwaltung?
Gabriele Siegert: Also ich wundere mich nicht so sehr darüber. Die Erfahrung, die ich in den letzten fünf Jahren gemacht habe, ist, dass große Teile der Stadtverwaltung eben sehr autozentriert denken und sich gar nicht vorstellen können, dass mit dem Rad zu fahren Spaß macht und einen besser von A nach B bringen kann, als wenn man den Pkw nutzt.
ADFC: Gabi, was würdest du dir wünschen von der Stadtverwaltung, wenn es jetzt vielleicht sogar ein bisschen weg von dem Schild geht, um eine Förderung des Radverkehrs geht?
Gabriele Siegert: Grundsätzlich haben wir ja in Duisburg so viele Jahre so eine autozentrierte Verkehrspolitik erlebt. Und ich würde mir wünschen, dass die Verwaltung mit einem geänderten Blick erst mal auf den Verkehr guckt und nicht immer nur darüber nachdenkt, ob die Autos vielleicht dann gut durchkommen, sondern eben dafür sorgen, dass der Radverkehr gefördert wird und dass er sicherer wird. Das andere Problem, was wir ja haben, ist nicht nur die Bequemlichkeit, sondern dass viele Menschen sich nicht sicher fühlen im Radverkehr. Zum Beispiel könnte man ja bei Radstreifen auch mal so Klebesteine dazwischen machen, um sie abzutrennen vom Autoverkehr…
ADFC: Eine Protected Bike Lane.
Gabriele Siegert: Protected Bike Lane, genau. Oder Ähnliches. Ich glaube, es gibt eine ganze Menge Lösungen, die man gehen könnte, die auch nicht so teuer sind. Und man muss sich halt dafür entscheiden, das zu machen.
ADFC: Und es wollen.
Gabriele Siegert: Ja, genau.
ADFC: Wir wundern uns noch vom ADFC aus über diese Geschichte. Wie viele Chancen misst du angesichts dessen, dem Heerenwunsch aus dem Mobilitätskonzept aus dem letzten Jahr bei 25 % Radverkehr zu schaffen?
Gabriele Siegert: Also ich weiß ja, es gibt inzwischen in Duisburg auch eine ganze Menge Menschen, die genau diesen Wunsch auch haben. Und ich glaube, wir können da schon auch was durchsetzen. Wir müssen halt laut sein und müssen immer wieder auf unserem Recht bestehen, dass wir das haben wollen. Die Änderung für den Klimaschutz muss ja sein, es hilft alles nichts. Also ich habe da die Hoffnung noch nicht aufgegeben. Aber es sind dicke Bretter zu bohren.
Das Interview führte Christian Engelking